Planungen für ein neues Betriebskonzept am Frankfurter Flughafen

Schwerer Vertrauensbruch durch Fraport und DFS/Zulässigkeit?

Am 3. Juni 2025 veröffentlichten die Fraport AG und die Deutsche Flugsicherung („DFS”) ein sogenanntes „Weiterentwickeltes Betriebskonzept für den Flughafen Frankfurt“. Zuvor hatte die Stadt Hochheim einen Auskunftsanspruch nach dem Umweltinformationsgesetz geltend gemacht. Offenbar hatten Dritte der Stadt Hochheim zuvor entsprechende Informationen „zugespielt“. Die Veröffentlichung erfolgte ohne vorherige Beteiligung der Fluglärmkommission („FLK“) und der schwer betroffenen Gemeinden, insbesondere Flörsheim und Hochheim. Die Bürgermeister dieser Gemeinden erfuhren durch Presseanrufe von dem Vorhaben. Gegenüber der Presse hatten die Fraport AG und die DFS das Konzept als final dargestellt. Inzwischen ist von einem ersten Entwurf oder Arbeitspapier die Rede.

Worum geht es: Bei der sog. Betriebsrichtung 07 finden Landeanflüge auf die Landebahn Nordwest über Mainz, Hochheim und Flörsheim statt. Dabei wird Flörsheim in einer Höhe von ca. 240 bis 270 Metern überflogen. Die Lärmbelastung ist unvorstellbar hoch. Sie ist mit schweren Gesundheitsgefahren verbunden. Wie die FLK in ihrer sehr guten Pressemitteilung und dem anhängenden Beschluss Top 3 https://www.flk-frankfurt.de/eigene_dateien/aktuell/2025-aktuelles/juni/pm_flk__sondersitzung_am_26.6.2025.pdf ausführlich darstellte, beruhte die Entscheidung für den Ausbau des Flughafens Frankfurt, insbesondere die Wahl des Standorts für die Landebahn Nordwest, auf einem zentralen planerischen und politischen Grundsatz: Kommunen, die bei Betriebsrichtung 07 bereits durch besonders niedrige Landeanflüge stark belastet werden, dürfen bei Betriebsrichtung 25 (Landungen über Frankfurt am Main und Offenbach) nicht zusätzlich durch Starts betroffen sein.

Zur Umsetzung dieses „Lärmausgleichs“ entwickelten die Fraport AG und die DFS die ebenfalls heftig umstrittene Südumfliegung, auf der zusätzlich zur Startbahn West bei Betriebsrichtung 25 ca. 35% der Starts durchgeführt werden sollten. Von den Starts über die Südumfliegung sind in Rheinland-Pfalz der Mainzer Süden und Rheinhessen betroffen. Der Grundsatz, dass Flörsheim und andere Gemeinden nicht auch von Starts betroffen sein sollen, wurde nach Angaben der FLK in sämtlichen Abwägungsprozessen – vom Mediationsverfahren, über das Raumordnungsverfahren und den Landesentwicklungsplan bis zur Planfeststellung – als zentrale Schutzmaßnahme anerkannt und allen Lärmberechnungen zu Grunde gelegt. Ziel war es, wie bereits erwähnt, besonders betroffene Gemeinden wie Flörsheim, wo Landungen in sehr geringer Höhe erfolgen, von zusätzlichem, extremen Fluglärm durch Starts zu befreien. Entsprechend sollten Starts über Flörsheim und Hochheim (und im weiteren Flugverlauf auch über die Mainzer Altstadt, Neustadt und Mombach) nur maximal im Umfang von 1,5% aller Starts stattfinden.

Folglich hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die Festlegung der Südumfliegung für Starts per Rechtsverordnung vom 20.07.2011 auch damit begründet, dass es nicht zu rechtfertigen sei, den Lärm im unmittelbaren Nahbereich des Flughafens in großen Lautstärken auf wenige Bewohner (wie in Flörsheim oder Hochheim) zu konzentrieren, die bereits bei Landungen starkem Lärm ausgesetzt seien. Aus diesem Grund seien Starts, die unter anderem die Stadt Flörsheim nahezu direkt überqueren, auszuscheiden. Diese Abwägungsentscheidungen wurden auch später durch die Fraport AG selbst in einer Sitzung der FLK bekräftigt.

 

Das 33-seitige Konzept zur Änderung des Betriebssystems (https://www.flk-frankfurt.de/eigene_dateien/sitzungen/sondersitzung_am_26.6.2025/top_1_-_praes._fraport__vorstellung_des_entwurfs_eines_geaenderten_betriebskonzepts_fuer_den_flughafen_frankfurt.pdf) sieht bei Betriebsrichtung 25 eine signifikant höhere Anzahl von Starts im Umfang von ca. 25% über Flörsheim vor. Die bislang als zentrale Entlastungsmaßnahme vorgesehene Südumfliegung soll künftig nur noch bei geringer Verkehrsdichte im Umfang von insgesamt ca. 10% eingesetzt werden. Starts über Flörsheim finden über die sog. Nordwest-Abflugrouten statt. Von diesen gibt es insgesamt drei (3). Eine dieser Routen führt im weiteren Verlauf über die Mainzer Neu- und Altstadt sowie über Mombach, wobei der Lärm bis nach Bretzenheim, in die Oberstadt und nach Gonsenheim ausstrahlt. Die tatsächliche Nutzung der Nordwest-Abflugrouten liegt bereits heute deutlich über den in der Planfeststellung zugrunde gelegten 1,5 . Der Tageswert beträgt etwa 10, im Nachtzeitraum – mit klar steigender Tendenz – sogar bis zu 21 . Vor diesem Hintergrund hat die FLK in den vergangenen Jahren wiederholt und nachdrücklich gefordert, die Zahl der Nordwestabflüge auf das im Planfeststellungsbeschluss abgewogene Maß von 1,5 zurückzuführen. Die Fraport AG und die DFS hatten dies auch mehrfach in den Sitzungen der Fluglärmkommission zugesagt. Statt dessen arbeiteten sie im Verborgenen an dem neuen Betriebskonzept, ohne die FLK oder die betroffenen Gemeinden zu informieren. Diese sehen in der Vorgehensweise einen schweren Vertrauensbruch .

Das neue Betriebskonzept soll nach den Vorstellungen der Fraport AG und der DFS bei einer weiter steigenden Anzahl von Flugbewegungen umgesetzt werden, nämlich dann, wenn zumindest in einzelnen Stunden mindestens 110 Starts und Landungen stattfinden und der sog. Koordinationseckwert auf diese Zahl angehoben wird.

Warum soll das Betriebskonzept geändert werden: Das Funktionieren der Südumfliegung war von Anfang an heftig umstritten. In den Prozessen über die Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses zum Frankfurter Flughafen vertraten die Anwälte der klagenden Gemeinden und Privatpersonen die Auffassung, dass die Südumfliegung nicht unabhängig von den Landungen am Frankfurter Flughafen und den Starts von der Startbahn West funktionieren könne. Auch sagten sie gefährliche Annäherungen von Flugzeugen voraus. Dies wurde auch mit Gutachten von Sachverständigen untermauert. Das Land Hessen sowie die Fraport AG vertraten unter Hinweis auf Flugsimulationen der DFS die gegenteilige Auffassung. Dieser Streit war von großer Bedeutung, da der Flughafenausbau bei einem Nichtfunktionieren der Südumfliegung wegen der dann zwangsläufigen Doppelbelastung von Flörsheim und Hochheim (niedrige Überflughöhe bei Landungen und Starts) kaum genehmigungsfähig gewesen wäre.

Ende 2011 kam es – wie von Sachverständigen befürchtet – zu einer gefährlichen Annäherung zwischen einer auf der Centerbahn startenden Maschine (A320) und einer auf der Südbahn durchstartenden Maschine (A380), wobei der A320 bis auf 30 Meter an die Wirbelschleppen des A380 geriet. Gerät ein Flugzeug in die Luftverwirbelungen des voranfliegenden Flugzeugs kann es zu einem Absturz dieses Flugzeugs kommen. Seitdem „bastelte“ die DFS an Optimierungen der Südumfliegung und sah wohl irgendwann selbst ein, dass diese nicht funktionieren wird. Dabei besteht sogar der Verdacht, dass es der Fraport AG und der DFS von Anfang bekannt war, dass die Südumfliegung auf Dauer nicht funktionieren werde. Ein solches Zugeständnis hätte jedoch dazu führen können, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen der dann unausweichlichen Doppelbelastung für Flörsheim und Raunheim bei Starts und Landungen nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.

Was bedeutet das Konzept für Mainz: Dies steht noch nicht fest. Zwar könnten die Anwohner im Mainzer Süden und Rheinhessen durch die Reduzierung der Flüge auf der Südumfliegung zunächst entlastet werden. Es besteht gleichzeitig aber die Möglichkeit, dass größere und damit lautere Maschinen auf der Südumflegung starten. Für die Menschen in der Mainzer Neustadt, in der Altstadt und in Mombach könnte es wegen der häufigeren Nutzung der Nordwest-Abflugrouten dagegen lauter werden. Wie eingangs erwähnt, strahlt dieser Lärm bis nach Bretzenheim, in die Oberstadt und nach Gonsenheim aus. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass es zu weiteren, anderen Flugroutennutzungen nach Anzahl und Größe der Flugzeuge kommen kann. Wie sich das unter Lärmgesichtspunkten auswirken könnte, kann aktuell nicht prognostiziert werden. Aus diesem Grund ist es richtig, dass sich die Stadt Mainz in dieser Angelegenheit – offenbar wie schon früher gemeinsam mit Hochheim und Flörsheim – rechtlich beraten lässt. Unabhängig davon wird sich unser Verein zusammen mit einer weiteren Organisation ebenfalls Rechtsrat einholen, um die zahlreichen Rechtsfragen zu klären.

Ist das neue Betriebskonzept überhaupt zulässig: Diese Frage wird vermutlich am Ende das Bundesverwaltungsgericht entscheiden müssen. Zwar regelt der Planfeststellungsbeschluss selbst keine Flugrouten und deren Nutzung; allerdings beruht der Ausbau des Frankfurter Flughafens auf dem oben dargestellten Lärmschutzkonzept, das eine Doppelbelastung von flughafennahen Kommunen ausschließt. Ob man dieses zentrale Konzept selbst bei einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss einfach aufheben kann, darf bezweifelt werden. Das Land Hessen könnte auch verpflichtet werden, den Planfeststellungsbeschluss um Auflagen zu ergänzen, die in Betriebsbeschränkungen münden. In deren Folge könnte es zu Änderungen der bisherigen Flugroutennutzung kommen. Wir wollen nicht weiter spekulieren und werden Sie über den Fortgang der Angelegenheit auf dem Laufenden halten.

 

Wie geht es beim Segmented Approach weiter

Der Probebetrieb des Segmented Approach ist abgeschlossen. Über das Verfahren hatten wir ausführlich im letzten Newsletter berichtet https://www.klima-umwelt-luftverkehr.de/informationen/newsletter-archiv/koalitionsvertrag-zum-luftverkehr-und-abschluss-des-probebetriebs-des-segmented-approach/ Um über die vorliegenden Ergebnisse und potenzielle Flugroutenvarianten zu informieren, startete die Gemeinnützige Umwelthaus GmbH gemeinsam mit der FLK ein Beteiligungsverfahren. In gemeinsamen Terminen mit den betroffenen Kommunen erfolgt ein Austausch über die Vor- und Nachteile möglicher Streckenvarianten sowie einer dauerhaften Einführung des Verfahrens ab 22 Uhr. Parallel dazu werden auf der Homepage der Gemeinnützige Umwelthaus GmbH und der FLK sämtliche relevanten Unterlagen, Ergebnisse und häufig gestellte Fragen (FAQs) öffentlich zugänglich gemacht. Interessierte Bürgerinnen und Bürger haben dort auch die Möglichkeit, über ein Formular Rückfragen oder Anmerkungen einzureichen. Weitere Informationen und Einzelheiten finden sie im angehängten Link ICANA 23.

https://www.umwelthaus.org/presse/forum-flughafen-und-region-praesentiert-laermberechnungen-zur-zeitlichen-ausdehnung-lateralen-optimierung-der-segmentierten-anflugverfahren-am-frankfurter-flughafen/

 
forum-flughafen-und-region-praesentiert-laermberechnungen-zur-zeitlichen-ausdehnung-lateralen-optimierung-der-segmentierten-anflugverfahren-am-frankfurter-flughafen