Feinstaub und noch feinerer Staub – Ultrafeinstaub.

Die unsichtbare Gesundheitsgefahr und warum diese von Flugzeugen und Flughäfen ausgeht

In Europa sterben ca. 790.000 Menschen vorzeitig an Erkrankungen, die durch Luftverschmutzung, vor allem Feinstaub, zumindest mitverursacht werden1. Als Emissionsquellen für Feinstäube gelten Heizungen, Verbrennungsmotoren und Reifenabriebe. In den letzten Jahren rückten zunehmend noch kleinere Staubpartikel, sogenannter Ultrafeinstaub, in den Fokus von Gesundheitsstudien. In diesen wird Ultrafeinstaub ein höheres Gesundheitsrisiko als Feinstaub zugemessen. Im Rhein-Main-Gebiet ist der Flug- und Flughafenbetrieb nachweislich der Hauptverursacher ultrafeiner Stäube. Viele Jahren wurde das von der Luftverkehrswirtschaft und den für Umweltschutz zuständigen Behörden bestritten und sogar ein Gesundheitsrisiko durch Ultrafeinstaub verneint. Was nicht verwunderlich war, benutzten doch die Behörden zum Nachweis von Ultrafeinstaub ungeeignete Messgeräte. Selbst nach entsprechenden Hinweisen unserer Experten sperrten sich die Umweltbehörden zunächst gegen weitere Nachforschungen. Unser Verein erwarb deshalb bereits im Jahr 2014 ein kalibriertes Messgerät für Ultrafeinstaub, das im Gegensatz zu den behördlichen Geräten ultrafeine Partikel nicht wiegt sondern richtigerweise zählt. Damit wurde im Umfeld von Flughäfen und unter den An- und Abflugrouten gemessen, mit erschreckenden Messresultaten.

Im Folgenden werden zuerst die Ursachen und gesundheitlichen Schäden ultrafeiner Partikel beleuchtet. Anschließend wird die aktuelle Situation hinsichtlich Ultrafeinstaub am und im Umfeld des Frankfurter Flughafens dargestellt.

Aerosole und Feinstaub

Aerosolpartikel in der Luft, auch Schwebeteilchen genannt, spielen eine wichtige Rolle in der Atmosphärenchemie und – physik. Sie haben Einfluss auf das Klima, das Wetter und die Luftqualität. Gelangen sie in unseren Körper, sind gesundheitliche Schäden, wie z.B. Atemwegserkrankungen oder Demenz oder Krebs, zu befürchten. Aerosolpartikel, als feste Staubteilchen oder Tröpfchen, werden anhand ihrer Größe (grob/fein/ultrafein), ihrer Herkunft (natürlich/menschengemacht) und ihrer Entstehung (primär/sekundär) klassifiziert. Feinstäube gehören zu den Aerosolen.

Eine allgemein anerkannte Definition für Feinstaub gibt es nicht. Der Begriff wird für groben, feinen und auch ultrafeinen Staub verwendet. Dennoch ist eine Differenzierung nach Größenfraktionen die Regel, weil unterschiedlich große Partikel auch unterschiedlich auf Menschen, Klima und Umwelt einwirken. Üblicherweise wird Feinstaub aufgrund seines Durchmessers in PM10 und PM2,5 unterteilt. PM10-Partikel sind im Durchmesser kleiner als 10 Mikrometer (10μm); sie sind aber doch so groß und schwer, dass PM10-Schwebeteilchen innerhalb eines Tages sedimentieren. PM2,5-Partikel weisen Durchmesser unter 2,5 Mikrometer (2,5μm) auf. Aufgrund ihrer Größe haben PM10 und PM2,5 unterschiedliche physiologische Auswirkungen. Während PM10-Partikel lediglich bis in den Rachenraum vordringen, gelangen PM2,5 Stäube bis in die Lunge und können Atemwegserkrankungen oder Krebs auslösen.

Ultrafeinstaub, je kleiner der Staub desto gesundheitsgefährlicher

Ultrafeinstaub besteht aus Staubteilchen, die bis zu 1000-mal kleiner sind als PM10- oder PM2,5- Feinstaubteilchen. Mit ihrem Durchmesser zwischen 1 und 100 Nanometer (nm) gehören sie zu den kleinsten Aersolpartikeln und werden in der Literatur als “Ultrafeine Partikel” (UFP) charakterisiert. Rußpartikel im Abgas von Verbrennungsmotoren, Turbinen dazu gehören Flugzeugtriebwerke und Feuerungsanlagen sind den UFP zuzuordnen(2).

Die gesundheitsschädigende Wirkung von PM2,5-Feinstaub und Ultrafeinstaub

In der Publikation „Global Burdon of Disease“ steht Feinstaub der Klasse PM 2,5 an sechster Stelle der Ursachen, die den größten Beitrag zur Mortalität leisten. Menschen mit Vorerkrankungen, Ältere und Kinder sind am meisten gefährdet. Bei Kindern, die über einen längeren Zeitraum einer hohen Feinstaub Belastung ausgesetzt wurden, wurde eine Einschränkung des Lungenwachstums und der Lungenfunktion beobachtet3. Warum wird Feinstaub also nicht entsprechend gesundheitlich und politisch thematisiert? Das liegt zum Großteil daran, dass alle bislang gesetzlichen Regelungen das Partikelgewicht zur Grundlage haben. Fakt ist jedoch, dass nicht das Partikelgewicht, sondern die Partikelanzahl von Relevanz ist. Jedes einzelne Partikel kann Auslöser von schweren Folgeerkrankungen sein; das gesundheitliche Risiko steigt also mit der Partikelanzahl und nicht mit dem Partikelgewicht(3). Hier besteht höchster Handlungsbedarf von Seiten der Politik!

Ultrafeinstaub wird noch gesundheitsgefährlicher als PM2,5-Feinstaub eingeschätzt, da er noch tiefer in den Körper eindringen kann. Eingeatmete ultrafeine Partikel können die Blut-Luft-Schranke passieren, über die Blutbahn in alle Körperorgane gelangen und selbst die Blut-Hirn-Barriere überwinden. Es besteht der begründete Verdacht, dass eingeatmete Ultrafeinstäube schon in geringster Konzentration die Entstehung von Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen oder Demenz-, Alzheimer- und Parkinsonleiden begünstigen(3).

Gibt es Grenzwerte für Ultrafeinstaub?

Für Ultrafeinstaub gibt es weder Grenzwerte noch sind gesetzliche Messungen vorgeschrieben. Bis heute beschränken sich die Messungen auf wenige Forschungsprojekte oder private Initiativen. Erst seit den letzten fünf Jahren mehren sich Untersuchungen und ergeben ein immer schlüssigeres Bild. Für den Frankfurter Flughafen haben unsere Experten, Joachim Alt und Wolfgang Schwämmlein Pionierarbeit geleistet und mir ihren Messergebnissen – siehe im nächsten Kapitel – und Veröffentlichungen erheblichen Druck auf Politik und Behörden ausgeübt. Nach der Landtagswahl 2018 vereinbarten die hessischen Regierungsparteien CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Umfeld des Frankfurter Flughafens Messstationen für Ultrafeinstaub aufzubauen und ein Monitoring zu etablieren. Auch auf europäischer Ebene wurde viel bewegt. Am 4. März 2021 hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments die EU-Kommission aufgefordert Grenzwerte für Ultrafeinstaub festzulegen.

Der Ultrafeinstaub am Frankfurter Flughafen

Im Folgenden soll die Situation des Frankfurter Flughafens hinsichtlich der Konzentrationen ultrafeiner Partikel dargestellt werden.

Hauptverursacher des anthropogenen Ultrafeinstaubs ist der Verkehr einschließlich des Flugverkehrs. In den Strahltriebwerken von Flugzeugen entstehen ultrafeine Partikel bei der Kerosinverbrennung(5). Pro Kilogramm Treibstoff werden etwa 1014 bis 1017 Partikel ausgestoßen. Zum Vergleich: Die Hintergrundkonzentration ultrafeiner Partikel beträgt an Bergstationen ca. 1000 Partikeln/cm3 und an verkehrsreichen Straßen ca. 30.000 Partikeln/cm3 (6).
Um die Situation und somit auch die Gefahr real abzubilden, sowie auf den politischen Handlungsbedarf hinzuweisen hat die Initiative Klima-, Umwelt- und Lärmschutz e.V. bereits in 2014 aus eigenen Finanzmitteln ein technisch hochwertiges und kalibriertes Messgerät für Ultrafeinstaub gekauft und eigenständig Messungen durchgeführt.
In verschiedenen Entfernungen zum Frankfurter Flughafen wurden die UFP-Partikelzahlen – versehen mit einem Zeitstempel- gemessen und die Wetterdaten dokumentiert. Die UFP-Messwerte waren räumlich verortet, zeitlich definiert und interpretierbar. So ergab die Auswertung, dass mit einer zeitlichen Verzögerung nach jedem Überflug steile Konzentrationsanstiege der Partikelanzahl festgestellt werden konnten. Was genau heißt das also für das Frankfurter Umland? Im sieben Kilometer vom Flughafen entfernten Raunheim wurden nach Landeüberflügen (ca. 350 Meter Höhe) Konzentrationen von 35.000 bis 60.000 Partikeln und in Spitzen bis zu über 200.000 Partikel pro cm3 gemessen, also deutlich höhere Partikel-Konzentrationen als an viel befahrenen Straßen. Die enorme Schwankungsbreite ist mit den unterschiedlichen Flugzeugtypen, Flugprofilen, Positionen und Windrichtungen – und stärken zu erklären. Diese UFP- Immissionen sind eindeutig den landenden Flugzeugen zuzuordnen. Das hat inzwischen – nach jahrelangem Leugnen – auch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) aufgrund eigener Messungen einräumen müssen. Herrscht kein Flugbetrieb, liegen die Konzentrationen an der Messstelle in Raunheim bei etwa 5000 Partikeln. Auch Messungen in Mainz-Hechtsheim ergaben ein erschreckendes Bild: Nach einem Betriebsrichtungswechsel steigerte sich die Anzahl der Partikel von 4.000 auf beständig über 16.000 Partikel pro cm3. Dabei wurde die Messstelle von startenden Flugzeugen überflogen, die sich bereits in einer Höhe von 2500 – 3500 m Höhe befanden. Innerhalb weniger Minuten hat sich die Anzahl der ultrafeinen Partikel vervierfacht(4).
Berechnungen ergaben, dass im Umkreis von 40 km um den Flughafen Frankfurt tagtäglich mehr als 1 Million Liter Kerosin in Flugzeugtriebwerken verbrannt werden. Das ergibt eine unvorstellbar große Anzahl an ultrafeinen Partikeln, denen wir, und somit unsere Gesundheit ständig ausgesetzt sind(4)!

Quellen
1. J. Lelieveld, K. Klingmüller, A. Pozzer, U. Pöschl, M. Fnais, A. Daiber und T. Münzel; Cardiovascular disease burden from ambient air pollution in Europe reassessed using novel hazard ratio functions; European Heart Journal, 12. März 2019
2. Bopst J, Herbener R, Hölzer-Schopohl O, Lindmaier J, Myck T, Weiß J. Umweltschonender Luftverkehr. 2019. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-11-06_texte-130-2019_umweltschonender_luftverkehr_0.pdf.
3. Ohlwein S, Hoffmann B, Kappeler R, Kutlar Joss M, Künzli N. Health Effects of Ultrafine Particles – Systematic literature search and the potential transferability of the results to the German setting. Umwelt & Gesundheit, 5/2018. 2018:1-111. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/uba_ufp_health_effects_haupt_final.pdf.
4. Diagramme D, Daten G Von, Alt J, Schwämmlein W. Ultrafeinstaubbelastung durch den Flugverkehr. 2017;(November):1-16.
5. Maron C, Schönfeld F. Zusammenhang von Ultrafeinstaub – konzentration und Flugverkehr. 2020;80(10):405-414.
6. Nr. MI. Umwelt & Gesundheit. Umweltmedizin. Verbraucherschutz. Umwelt + Mensch Informationsdienst Nr. 2/2018. 2018;(2).