Verkehrspolitik

Der Luftverkehr ist bis jetzt für ungefähr 3,5 % der globalen Erwärmung verantwortlich 1. Dieser Anteil nimmt durch die stetig wachsenden Passagierzahlen 2 und Flugbewegungen immer weiter zu. Im Jahr 2019 lag sein Anteil am Klimawandel bereits bei 6%. Ohne ein zeitnahes und striktes Eingreifen werden die bereits jetzt verheerenden Auswirkungen des Luftverkehrs in Zukunft ungeahnte Ausmaße annehmen. Effizienz-Verbesserungen durch neue Flugzeuge reichen dabei längst nicht aus, um das zu verhindern. 3 Wirkungsvollere technische Lösungen liegen jedoch noch Jahrzehnte entfernt. Daher bleibt nur eine Reduzierung der Flugbewegungen, um die klimaschädlichen Auswirkungen des Flugverkehrs einzudämmen.

Wir subventionieren den Klimakiller Nr. 1

Durch hohe Subventionen genießt ausgerechnet das Flugzeug als klimaschädlichstes Verkehrsmittel einen enormen Wettbewerbsvorteil gegenüber klimafreundlicheren Alternativen wie Bahn und Bus. Allein im Jahr 2016 wurde der Luftverkehrssektor in Deutschland mit 11,8 Milliarden Euro subventioniert, indem Kerosin von der Energiesteuer und internationale Flüge von der Mehrwertsteuer befreit sind sowie Billigflüge zusätzliche Subventionen bekommen 4. Die Luftverkehrssteuer, die 2011 eingeführt und 2020 erhöht wurde, war ein erster Schritt zum Subventionsabbau. Da sie das Steuerprivileg der Luftfahrtindustrie jedoch gerade einmal um eine Milliarde verringert, reicht sie längst nicht aus, um die Wettbewerbsverzerrung auszugleichen 3.

Kerosinsteuer – notwendig und machbar

Um klimafreundlicheres Reisen zu erleichtern ist ein tatsächlich wirksamer Subventionsabbau dringend nötig. Dass Kerosin von der Energiesteuer befreit ist, hat den größten Anteil an den steuerlichen Privilegien 4. Eine Kerosinsteuer würde sich mehr am tatsächlichen Verbrauch des Flugzeugs orientieren und Fluggesellschaften einen Anreiz setzen, alle Möglichkeiten der Einsparung von Kerosin zu nutzen und die Entwicklung verbrauchsärmerer Flugzeuge und Motoren zu voranzutreiben. Steigende Ticketpreise würden dem Trend zu billigen Kurzstreckenflügen entgegenwirken. Ein Ende der Kerosinsteuerbefreiung ist auf internationaler Ebene allerdings noch nicht abzusehen. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre, eine nationale Kerosinsteuer einzuführen, wie das bereits Norwegen und die Niederlande getan haben 5. Dass die Kerosinsteuer für Flüge innerhalb Deutschlands rechtlich zulässig und umsetzbar ist, hat eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes schon im Jahr 2005 belegt 6.

EU-Emissionshandel – vielversprechend, aber ausbaubedürftig

Damit die klimaschädlichen Auswirkungen des Luftverkehrs wirkungsvoll eingedämmt werden, ist auch ein globales Umdenken und Handeln unerlässlich. Auf europäischer Ebene gibt es den Europäischen Emissionshandel – Emission Trading System (ETS), in den der Flugverkehr seit 2012 einbezogen ist. Das ETS legt fest, wie viele Tonnen CO2 ein (Luftfahrzeug-)Betreiber ausstoßen darf. Überschreitet ein Betreiber diese Grenzen, muss er sich zusätzliche Berechtigungen (Zertifikate) kaufen. Wer wenig CO2 emittiert, muss entsprechend wenig für Berechtigungen oder Strafzahlungen ausgeben 7. Klimaschutz lohnt sich für die Betreiber damit auch finanziell. Derzeit gilt der Emissionshandel aber nur für Flüge innerhalb der EU und umfasst damit nur ein Viertel der Emissionen 8. Um seine Wirksamkeit zu erhöhen, muss das ETS also ausgebaut werden. Dies könnte durch Einbezug der internationalen Flüge und höhere Reduktionsziele geschehen.

Corsia blendet

Auf globaler Ebene hat die Internationale Zivilluftfahrtorganisation der UN, die ICAO, 2016 ein Programm namens Corsia beschlossen, das 2021 in Kraft tritt. Der Name steht für “Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation“9. Leider verbirgt sich dahinter nur eine scheinbare Rechtfertigung für ein zusätzliches Wachstum der Luftverkehrsindustrie. Durch Corsia soll nur das zukünftige Anwachsen des ausgestoßenen CO2 durch den Luftverkehr ausgeglichen werden. Der Luftverkehr stößt aber bereits heute gigantische Mengen CO2 aus. Diese sollen über Corsia nicht reduziert werden. Außerdem beschränkt sich die Emissionsregulierung bloß auf den CO2-Ausstoß. Alle weiteren Treibhausgase und sonstigen klimawirksamen Effekte, wie die Erwärmung durch Kondensstreifen, werden ignoriert. Es soll also nur ein Bruchteil der künftigen Klimagase kompensiert werden. Noch dazu führt der Weg, auf dem die CO2-Reduzierung erreicht werden soll, in eine Sackgasse. Da die technischen Entwicklungen nur geringe Effizienzsteigerungen bringen, sollen die Fluglinien für den Rest der Mehremissionen sogenannte Offsetting-Programme finanzieren. Diese sollen beispielsweise durch Aufforstung, Waldschutz oder die Finanzierung von erneuerbaren Energien die CO2-Emissionen kompensieren. Diese Maßnahmen sind jedoch zum einen äußerst langwierig, zum anderen ist überhaupt nicht geklärt, ob sie tatsächlich die beabsichtigte Wirkung erzielen 9. Die Klimaschäden hingegen treten bereits jetzt und mit unmittelbaren Folgen ein. Eine wirkungsvolle Reduzierung aller tatsächlich relevanten Emissionen duldet daher keinen Aufschub. Solange es keine technischen Lösungen gibt, die dazu in der Lage sind, bleibt die Reduktion der Flüge als einziger Ausweg.

Es bleibt dabei: Kurzstreckenflüge auf die Schiene

Die dringend nötige Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene ist in Deutschland bereits infolge des Ausbaus des deutschen und europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes möglich. Laut BUND gibt es schon rund 170.000 konkret benannte Flüge, die auf die Schiene verlagert werden könnten – ohne Zeitverlust für Passagiere und ohne neue Investitionen in die Infrastruktur 10. Bietet man Reisenden eine durchgehende Gepäckbeförderung vom Zug zum Flug und umgekehrt an, so kann besonders der Zubringerverkehr zu den Flugverkehrs-Drehkreuzen in Deutschland (Frankfurt am Main, München und Düsseldorf) größtenteils auf die Schiene verlagert werden. Die so entlasteten Flughäfen bräuchten auf diese Weise auch keine teuren und raumgreifenden Expansionen mehr.

Auf unnötige Flugreisen verzichten

Zu guter Letzt braucht es auch ein Umdenken bei den Reisegewohnheiten im Arbeits- und Privatleben. Die Nutzung von Videokonferenzsystemen macht es möglich, Dienstreisen in den digitalen Raum zu verlagern. Und vielfältige attraktive Urlaubsziele, die auch mit dem Zug bequem erreichbar sind, erleichtern den Verzicht auf deutlich emissionsreichere Urlaubsreisen mit dem Flugzeug.

Quellen
1. Lee DS, Fahey DW, Skowron A, Allen MR, Burkhardt U, Chen Q, u. a. The contribution of global aviation to anthropogenic climate forcing for 2000 to 2018. Atmos Environ. 1. Januar 2021;244:117834.
2. Statistisches Bundesamt. Verkehr aktuell 09/2019 [Internet]. 2019a [zitiert 21. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Transport-Verkehr/Publikationen/Downloads-Querschnitt/verkehr-aktuell-pdf-2080110.pdf?__blob=publicationFile
3. Umweltbundesamt, Bopst J, Herbener R, Hölzer-Schopohl O, Lindmaier J, Myck T, u. a. Umweltschonender Luftverkehr. 2019;150.
4. Umweltbundesamt. Umweltschädliche Subventionen in Deutschland. 2016;124.
5. Verkehrsclub Deutschland (VCD). Kerosinsteuer – notwendig und machbar [Internet]. [zitiert 19. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.vcd.org/themen/flugverkehr/kerosinsteuer/
6. Prof. Dr. Pache E. Möglichkeiten der Einführung einer Kerosinsteuer auf innerdeutschen Flügen [Internet]. 2005 [zitiert 21. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/2853.pdf
7. BMU. Emissionshandel [Internet]. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. [zitiert 26. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/emissionshandel/
8. Verkehrsclub Deutschland (VCD). Emissionshandel [Internet]. Verkehrsclub Deutschland. [zitiert 19. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.vcd.org/themen/flugverkehr/emissionshandel/
9. Mackinger C. Im Flugverkehr gibt es de facto keinen Klimaschutz [Internet]. klimareporter°. [zitiert 19. Januar 2021]. Verfügbar unter: http://www.klimareporter.de/international/im-flugverkehr-gibt-es-de-facto-keinen-klimaschutz
10. BUND. Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagern. BUND-Kurzinfo [Internet]. 2019 [zitiert 25. Januar 2021]. Verfügbar unter: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/mobilitaet/mobilitaet_verlagerung_kurzstreckenfluege_schiene_kurzinfo.pdf